cook-teaser3.jpgPaul Cook zählt zu den angesehensten englischen Herstellern von feinem, traditionellen Angelgerät. Darüber hinaus ist er für seine stimmungsvollen Zeichnungen bekannt. Im Interview verrät er uns mehr über sein Handwerk, die Philosophie des klassischen Angelns und die kleinen Leiden eines Meisters.

CC: Paul, vielen Dank, dass Du Dir für uns Zeit genommen hast! Es ist wohl niemand mit gespließter Rute und Centre Pin in der Hand auf die Welt gekommen. Deshalb denke ich, dass hinter Deinem persönlichen Angelstil einiges an langjähriger Erfahrung steckt. Wer hat Dir denn die Kunst des Angelns mit traditionellem Gerät beigebracht?

Paul: Sowohl mein Vater als auch mein Großvater waren beide begeisterte Angler und als kleines Kind wurde ich von beiden immer mitgenommen. Ich habe noch genaue Erinnerungen an Ausflüge zur Themse in der Nähe von Windsor. Damals war ich wahrscheinlich nicht älter als 5 Jahre alt, doch jedes mal wenn mein Großvater einen kleinen Fisch fing, reichte er mir die Angelrute und erlaubte mir diesen winzigen Fisch einzuholen. Dies war meine erste Begegnung mit der Angelei. Meine allererste Rute war eine kurze, zweigeteilte Greenheart Spinnrute, die mich noch bis zu meinem 10. Lebensjahr begleitete. Bei der nächsten Rute, die mir mein Vater gab, handelte es sich um eine gespließte Posenrute, bei der das untere Rutenteil aus Vollbambus bestand. Auch dieses Stück war dann für mehrere Jahre im Einsatz. Abgesehen von einer kurzen Zeit in der ich Kohlefaser fischte, hatte ich ausschließlich gespließte Ruten.

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Meisterhafte Fließwasserposen von Paul Cook.


CC: Mir ist aufgefallen, dass Du auf Deiner Webseite nicht allzuviele persönliche Details über Dich preisgibst. Würdest Du uns denn ein wenig von Dir erzählen?

Paul: Ich wurde im November 1964 geboren und bin in einem Vorort von London aufgewachsen, der trotz der Stadtnähe sehr ländlich geprägt war. Meine Interessen galten schon immer den Naturwissenschaften, der Kunst und dem Handwerk. Heute wohne ich in der Gemeinde Herfordshire, bin verheiratet und Vater von 2 Teenagern.

CC: Wenn künstlerisches Talent, technische Fähigkeiten und die Angelleidenschaft in einer Person zusammenkommen, dann scheinen viele Dinge möglich. Du bietest eine sehr interessante Palette von sowohl handgefertigtem Angelgerät als auch hervorragender Kunst an. Wie bist Du zu diesem Beruf gekommen?

Paul: Nach Abschluss der Schule ging ich zunächst auf ein Kunst-College um dort einen zweijährigen Kurs zu belegen. Jedoch ergab sich bald schon die Gelegenheit eine Lehre in einer kleinen Glas-Gravurmanufaktur zu absolvieren. Ich konnte und wollte dieses Angebot damals nicht ablehnen und so verließ ich das College schon nach einem knappen Jahr. Meine Lehrzeit betrug 5 Jahre und ich erlernte dort alle traditionellen technischen Fähigkeiten. Mein Meister war bereits 75 Jahre alt und ich war sein letzter Lehrling bevor er sich, immer noch rüstig, im Alter von 80 Jahren in den Ruhestand begab. Er war streng. Doch ich so habe ich die Disziplin bekommen, die ich heute bei meiner eigenen Arbeit brauche. Ihm bin ich bis heute zu Dank verpflichtet. Durch meine Liebe zur Angelei und zur Naturwissenschaft war es eigentlich unvermeidlich, dass sich alles irgendwann zusammenfinden würde und mich dorthin lenkt, wo ich mich heute befinde.
Bereits mein Vater war ein fähiger Handwerker, der sein gesamtes Angelgerät, von der Rute bis zu seinen eigen Posen, selbst herstellte. Ich denke, dass mein Interesse an an diesen Tätigkeiten daher rührt. In der Umgebung befand sich ein Hersteller von gespließten Angelruten den ich öfters besucht habe um mir Einzelteile für meine eigenen Ruten zu besorgen. Bald darauf wurde ich gefragt, ob ich das Rutenfinish für sie übernehmen könne. Als Gegenleistung wurde ich mit allen Bereichen des Baus von gespließten Angelruten vertraut gemacht. Das war fast wie eine weitere Lehre, jedoch diesmal nicht in Vollzeit. Auch diesen Menschen bin ich auf ewig zu Dank verpflichtet, da sie so nett waren und ihre Kenntnisse an mich weitergaben.

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Auch schön: Paul Cook Stillwasserposen.


CC: In Großbritannien bist Du für Deine realistischen Tuschezeichnungen und Deine Buchillustrationen bekannt. Kannst Du bitte den deutschen Lesern aufzählen, in welchen Publikationen wir Deine Zeichnungen finden können?

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Eines von Pauls stimmungvollen Bildern.

Paul: Meine Kunst ist hauptsächlich in zahlreichen Büchern des Medlar Press Verlags zu finden, einem kleinen Verlagshaus, dass sich unter anderem auf die Veröffentlichung von Klassikern der Angelliteratur, die eigentlich nicht mehr gedruckt werden, spezialisiert hat. Es handelt sich hier hauptsächlich um Tuschezeichnungen, die von mir mit Feder und Pinsel angefertigt wurden. Ich versuche immer einen gewissen traditionellen Stil beizubehalten, der für diese Periode der Angelliteratur, ich nenne Sie das „Goldene Zeitalter“, typisch war. Hier bringe ich auch meine Gravurfähigkeiten mit ein, um einen Stil zu erreichen, der dem Auge des Betrachters gefällt.
Es gibt eine ganze Reihe von Büchern bei denen ich dankbarerweise involviert sein durfte. Einige erwähnenswerte von Medlar Press herausgegebene Titel sind z.B. H.T. Sheringhams „An Open Creel“ und „An Angler's Hours“. Ich durfte auch den Klassiker von Izaak Walton „The Compleat Angler“ illustrieren. Ein wahrer Schatz von einem Buch! Hier habe ich die Arbeit besonders genossen! Ein kürzliches Projekt war z.B. Fred Crouch „Life stories of his barbel experiences“. Das  letzte Projekt war aufgrund meiner leider knappen Zeit ein riesiges Unterfangen. Es handelte sich um eine Veröffentlichung für die The Little Egret Press mit dem Titel „Below the Weir“ von Peter Rogers. Hierin befinden sich von mir 26 große Illustrationen im klassischen Stil. Es wurde im Dezember 2008 veröffentlicht.

CC: Paul, ich glaube nichts symbolisiert so sehr die Essenz des Angelns wie Rute, Rolle, Kescher und natürlich nicht zu vergessen, die aus dem Wasser ragende Pose, wie sie darauf wartet einen Anbiss zu signalisieren. Deine Posen sind so hervorragend verarbeitet, dass die meisten Kunden sich wahrscheinlich gar nicht entscheiden können, ob Sie damit fischen gehen oder sie doch in einen Schaukasten stellen sollen. Was denkst Du? Gehen die Kunden mit Deinen Posen angeln oder sind sie doch eher nostalgische Schaustücke? Wie sieht Du Deine Arbeit selbst?

Paul: Posen anzufertigen ist ein sehr interessantes Handwerk, an dem ich sehr viel Freude habe, weil es auch eine willkommene Ablenkung von meinen anderen Arbeiten darstellt. Ich liebe das Posenfischen und ich liebe natürlich Posen mit ihren tollen aber auch seltsamen Designs. Die meisten meiner Kunden benutzen meine Posen nicht, da sie angst haben sie zu verlieren. Wahrscheinlich befindet sich daher der Großteil meiner Posen in irgendwelchen Schränkchen um dort bewundert zu werden. Nur Nachbestellungen bekomme ich deshalb nicht so viele. Das stört mich aber in keinster Weise, da meine Zeit zum Posenbauen doch drastisch dahinschwindet! Inzwischen betragen die Wartezeiten für handgemachte Posen teilweise schon Monate statt Wochen. Neben den Posensammlern gibt es aber auch viele Kunden, die meine Posen benutzen. Es ist natürlich schön zu wissen, dass die Posen ihrem eigentlichen Zweck zugeführt werden.

CC: Sind Deine Posen komplette Eigenentwürfe oder lässt Du Dich von antiken Posen inspirien? Welche Posenformen gefallen Dir persönlich unter ästhetischen Gesichtspunkten am besten?

Paul: Natürlich werden alle Posenbauer von historischen Entwürfen inspiriert. In Großbritannien sind die beliebtesten Posen entweder Avon- oder Schwanenkielposen. Letztere werden dann meist zum traditionellen Karpfenfischen benutzt.
Meine Posen sind keine Neuentwürfe. Sie beruhen hauptsächlich auf guten, althergebrachten und erprobten Mustern, die die Stürme der Zeit bereits gut überstanden haben.
Ich selbst sammle viktorianische Schwimmer, da ich deren rustikalen Charme liebe. Obwohl manche von ihnen eher etwas unbeholfen erscheinen bin ich mir sicher, dass sie ihren Dienst, wie andere Posen auch, gut erledigen.
Ich mag es, sehr verschiedene Farbkombinationen zu benutzen, sodass sich meine Posen von denen anderer Posenherstellern unterscheiden - obwohl ich diesbezüglich bereits kopiert werde. Das macht mir aber nichts. Ich versuche das als Kompliment zu betrachten. Mir wurde schon vorgehalten, dass meine Posen stilistisch übertrieben wären. Auf den ersten Blick mag das so sein, jedoch nur wenn man nicht erkennt worum es mir geht. Meine Posen sind gerade deswegen so dekorativ, weil ich dem Angler mehr in die Hand geben möchte als eine beliebige Standardpose, die bei Verlust nur ein leichtes Schulterzucken auslöst. Meine Posen machen aus ihren Besitzern vorsichtigere Angler!
Die alten Zephyr Posen gehören mit Sicherheit zu meinen Favoriten. Es  sind Klassiker und beliebte Sammlerobjekte. Eine Zeitlang fertigte ich sogar einige Kopien an, die sich jedoch als nicht besonders erfolgreich erwiesen. Diese Idee ist dann also wieder in der Schublade gelandet. Eine weitere wunderschöne kleine Pose ist die „Victorian Roach Float“. Sie wird aus 2 Federkielen hergestellt, die an beiden Enden konisch spitz zulaufen. Die beiden Kiele sind in der Mitte verbunden und jedes Ende besitzt eine eingesetzte Elfenbeinspitze. Nochmals, diese Posen sind sehr sammelwürdig und in gutem Zustand sehr selten zu finden.

CC: Benötigt es viele Arbeitsgänge um eine Pose herzustellen? Kannst Du uns ungefähr sagen, wie lange Du brauchst um eine Pose herzustellen? 

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Stilvolles Posenrohr von Paul Cook.

Paul: Je nach dem, welche Pose ich herstellen möchte, ist es ein gradliniger oder umständlicher Prozess. Eine Federkielpose geht relativ schnell, da nur die Federn und die Außenhaut entfernt werden müssen. Danach kann Sie bereits die Zierwicklung erhalten und anschließend lackiert werden. Eine Avon Pose ist da in der Entstehung schon etwas komplexer. Zuerst muss der Kork- oder Balsaholzkörper sowohl gebohrt als auch in die gewünschte Form gebracht werden. Danach folgt der Posenkiel, der an beiden Enden gehärtet wird um dann in den Posenkörper eingesetzt zu werden. Es muss dann eine Schnurführung gefertigt und ans Posenende gewickelt werden. Die Oberseite der Posenkiele kann dann bemalt werden und nach dem Trocknen folgt die Lackierung. Ich lackiere meine Posen mehrmals um eine schöne, glänzende Oberfläche zu erhalten. Mir ist es auch ein Anliegen, dass keinerlei Unebenheiten auf der Pose entstehen, daher ziehe ich es vor, die Pose vor der letzten Lackschicht nochmals abzureiben. Erst dann wir die Pose mit der letzten Lackschicht versehen und zum Trocknen aufgehängt. Es ist schwer zu sagen, wie lange eine einzelne Pose in der Herstellung benötigt, da ich grundsätzlich mehrere Posen eines Typs auf einmal fertige, nach einem speziellen System. Erst werden alle Posen bemalt, dann werden alle gebunden, dann zum nächsten Schritt usw.

CC: Du hast außerdem eine Reihe traditioneller, handgebauter Splitcanes im Programm. Auch wenn man kein Liebhaber von traditionellem Angelgerät ist, so kann doch trotzdem nahezu jeder Angler zumindest spüren, dass gespließte Ruten von einer ganz besonderen Aura umgeben sind. Was glaubst Du, macht eine solche Rute so besonders gegenüber einer Glas- oder Kohlefaserrute?

Paul: Nachdem „A Passion For Angling“ erstmals veröffentlicht wurde, erhielt die traditionelle Fischerei einen erneuten Aufschwung. Das verursachte eine tiefe Spaltung zwischen solchen Anglern, die gespließte Ruten fischen und denen, die Kohlefaser bevorzugen. Oft wurde zwar untereinander nur gescherzt, aber manche trieben es dann auch doch zu weit. Ich denke, dass dadurch eine Menge Angler hervorgebracht wurden, die zwar in die Idee der gespließten Rute verliebt waren, jedoch einen gewissen Snobismus an den Tage legten, indem die Produkte unbedingt ein „Label“ tragen mussten. Selbst bei Traditionalisten kam plötzlich diese Form von Snobismus auf, man musste nun plötzlich eine bestimmte neue Bambusrute haben, und jede andere Rute erschien plötzlich als nicht mehr gut genug. Ich will darauf hinaus, dass das Thema mit dem Bambus ein wenig vom Weg abgekam und die Angler in Gruppen spaltete, in die, die als leidenschaftliche Angler einfach nur Bambus als Material für ihre Angelei wertschätzten und die, die einfach am Wasser gut aussehen wollten.
Jedoch ist ein Großteil der letztgenannten inzwischen schon wieder zu Kohlefaser zurückgekehrt. Der Punkt ist doch, was du an Ausrüstung am Wasser benutzt ist deine persönliche Angelegenheit - die Freude an der Fischerei ist viel wichtiger als das Gerät. Es gibt ein paar wunderbare Kohlefaserruten, die leicht und effizient sind und die definitiv ihre Berechtigung in bestimmtem Situationen haben. Ich würde z.B. zum Posenfischen am Fluss eine 13 oder 14 ft Kohlefaser Rute der Bambusrute vorziehen. Das Gewicht spielt hier im direkten Vergleich - Kohlefaser oder Bambus - auch eine Rolle.
Bambus hat auf jeden Fall die Charakteristik, dass es aus Naturmaterialien in Handarbeit hergestellt wurde. Vielleicht spielt gerade dieser Faktor eine besondere Rolle bei den Anglern, die mit ihrem Sport etwas sensibler umgehen. Dadurch, dass wir in einer materialistischen und technischen Welt leben, kann es natürlich auch sein, dass wir nach Dingen streben, die einen persönlicheren Touch haben als ein Massenprodukt, das nur einen Bruchteil der Zeit standhält.
Eine Bambusrute wird von einem Handwerker mit seinen eigenen Händen gebaut. Die handwerkliche Fähigkeit fließt dann in diesen Gegenstand ein und wird dann an einen anderen Menschen weitergegeben. Das ist dann der menschliche Touch. Viele Gedanken und auch Leidenschaft müssen in eine Bambusrute gehen, bevor aus dem im Originalzustand eher langweiligen und uninteressanten Bambusrohr, ein wundervolles, handgemachtes und maßgeschneidertes Endprodukt wird.

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Paul baut hochwertige Splitcanes. Hier eine "Artisan Avocet".


CC: Wir alle wissen, dass gespließte Ruten teurer in der Anschaffung sind als andere Ruten auf dem Markt. Welche Rute würdest Du jemanden empfehlen, der sich zum ersten Mal eine Bambusrute kaufen möchte und möglichst flexibel und vielseitig in der Nutzung bleiben möchte. Gibt es überhaupt eine Rute, die man annähernd als „Allround-Rute“ bezeichnen könnte?

Paul: Jedem, der als Neuling mit dem Wunsch nach einer gespließten Rute an mich herantritt, empfehle ich zunächst, dass er den ersten Versuch mit einer gebrauchten Rute starten soll. Es gibt für meine Haltung ein paar Gründe. Erstens sollte derjenige erstmal herausfinden, ob ihm die Fischerei mit Bambus überhaupt liegt, ohne dafür große Geldsummen auszugeben. Er kann so ggf. sein Geld leicht wiederbekommen, indem er diese gebrauchte Rute einfach wieder veräußert. Außerdem erhält er so eine Ahnung, wie sich Bambus anfühlt und verhält.
Wenn man denn mit Bambus glücklich ist, dann sollte man sich darüber klar werden, für welchen Einsatzbereich man die Rute überwiegend benötigt. Eine Bambusrute wird mit Sicherheit nicht alle Angelbereiche abdecken können, jedoch wird eine im Avon-Stil gebaute Rute mit durchgehender Aktion und einer Testkurve von 1lb wahrscheinlich schon die meisten Situationen meistern können – zumindest beim Schleien-, Döbel- und Barbenfischen. Ich möchte an dieser Stelle noch anmerken, dass Chris Yates seinen damaligen Rekordkarpfen mit einer gespließten MK IV Avonrute in 10ft und 1lb Testkutve gefangen hat. Eine sehr gute und vielseitig einsetzbare Allroundrute also!

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Traumhaftes Finish!


CC: Wieviele Ruten kannst Du pro Jahr herstellen?

Paul: Im letzten Jahr habe ich insgesamt 11 Ruten gebaut. Dabei handelte es sich um Barbenruten, Avocets und Float Perfections.

CC:
Paul, da Deine Produkte zu 100% von Hand hergestellt werden, ergeben sich natürlich sowohl für Deine Kunstwerke als auch für Deine Angelgeräte gewisse Lieferzeiten. Kannst Du uns bitte die Wartezeiten für Kunst, Posen, Ruten und Kleinteile nennen?

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Paul Cook bei der Arbeit.

Paul: Da die Aufträge zunehmend mehr werden, kommt es zwangsläufig zu längeren Wartezeiten für bestimmte Stücke. Der Großteil meiner Kunden hat dafür vollstes Verständnis, denn Sie verstehen, dass es halt eine gewisse Zeit braucht um diese Art von Produkten zu fertigen.
Wenn jemand eine Federkielpose bestellt, eine Avonpose und einen Barsch Bobber, dann fertige ich immer gleich eine etwas größere Stückzahl an. Somit habe ich dann zumindest ein paar Posen auf Lager. Derzeit brauche ich mindestens 6 bis 8 Wochen bis eine Bestellung zur Auslieferung bereit ist. Ich nehme übrigens niemals Anzahlungen für meine Posenbestellungen. Ich bevorzuge es, dass die gesamte Bestellung nach Fertigstellung bezahlt wird. Einer der Gründe hierfür ist, dass der Kunde dann auch grundsätzlich die Möglichkeit hat, ohne Probleme von seiner Bestellung zurücktreten, falls er nicht mehr länger warten möchte.
Aufgrund der hohen Nachfrage habe ich jedoch nun bei Posen eine Mindestabnahmemenge einführen müssen. Manchmal geht es drunter und drüber und ich verliere etwas den Faden bei meinen Bestellungen. Es ist jedenfalls besonders wichtig, dass man Buch führt.
Bei den Rutenbestellungen verhält es sich etwas anders, denn zwischen den verschiedenen Fertigungsstufen kann die Rute beiseite gelegt werden und etwas anderes vorangebracht werden. Ein Rutengriff muss z.B. nach dem verleimen 24 Stunden trocknen. In dieser Zeit können z.B. Posen gebaut werden.
Grundsätzlich läuft alles glatt, jedoch kann es ab und an ganz schön nervtötend werden, die ganze Zeit Posen zu bauen. So kann es vorkommen, dass ich manchmal bereits beim Anblick von nur einer Pose überhaupt keine mehr bauen will. Glücklicherweise hält dieses Gefühl nur kurze Zeit an, aber es ist insgesamt schon gut, dass ich eine Vielzahl von Tätigkeiten habe.

Die Lieferzeit für eine gespließte Rute beträgt derzeit mindestens 8 Monate. Noch einmal, auch hier lasse ich mich nicht in der Ausführung unter Druck setzen, es ist grundsätzlich gut, dem Kunden von Anfang an reinen Wein einzuschenken und ihn über die Lieferzeit zu informieren. Er wird dann für Ihre Geduld mit einer sehr ansehnlichen und funktionalen Rute belohnt, die ein Leben lang halten wird, ja sogar darüber hinaus.

Bei Kunst, insbesondere wenn sie für Bücher oder Artikel sind, gibt es meistens von vornherein schon feste Abgabetermine. Das Themse Buch „Below the Weir“ war ein 8 monatiges Projekt. Natürlich nicht an einem Stück, sondern mit Pausen dazwischen. Um die Eintönigkeit  zu unterbrechen, konnte ich mich zwischendurch dem Ruten- und dem Posebau widmen. Dies ist dann eine willkommene Abwechslung. Künstlerische Inspirationen können immer wieder verebben, und das tun sie leider auch.
In solchen Momenten ist es dann richtig eine Pause einzulegen und darauf zu warten, bis sich wieder frische Ideen bilden. Es ist meistens ein gut funktionierender Rhythmus. Ich nehme mir ab und zu Pausen und laufe etwas am Wasser entlang. Abwechslung in der Umgebung ist gut für den Kopf und erfrischt mich immer wenn ich müde bin.

CC: Zwei letzte Fragen: Wie siehst Du persönlich die zukünftige Entwicklung der traditionellen Angelei in unserer globalisierten, modernen Welt? Und wie siehst Du speziell die Entwicklung von handgefertigtem Tackle?

Paul: Ich glaube, es wird immer eine gewisse Nachfrage für den traditionellen Aspekt des Angelns und den damit verbundenen Produkten geben. Vielleicht nicht in dem Umfang wie in der Vergangenheit, aber es wird auch in der Zukunft Menschen geben, die echte Handarbeit verlangen. Handarbeit ist natürlich etwas kostspieliger und nicht jeder kann sie sich leisten. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt uns aber, dass auch schon damals handgebautes Angelgerät sehr teuer war und teilweise weit einen durchschnittlichen Wochenlohn überstieg. Im Vergleich hat sich hier zur Gegenwart also nichts geändert.
Eine Bambusrute alleine macht noch keinen traditionellen Angler aus. Ich kenne viele, die mit modernem Gerät fischen und trotzdem traditionelle Werte haben. Es geht eher um die persönliche Auseinandersetzung mit der Fischerei und nicht um das Angelgerät das man benutzt. Ich glaube, dass die meisten von uns einfach nur ihre Freizeit beim Fischen genießen wollen. Wir können ein wenig die Seele baumeln lassen und eine Zeitlang wir selbst sein.
Das, was die Anglerfreuden ausmacht, ist einfach ein kleines Stück gestohlene Zeit. Während wir durchs Leben hetzen schauen wir vielleicht auf vergangene Angelabenteuer zurück und versuchen dadurch wieder etwas hervorzuholen, das wir als einen Idealzustand bezeichnen würden. Das Goldene Zeitalter der 50er Jahre, in dem berühmte Karpfenfänge von innovativen Anglern wie z.B. Richard Walker und anderen Pionieren erfolgten,diese Jahre erzeugen in uns Bilder von einem damals einfachen und glücklichen Dasein.
Wahrscheinlich war es damals sogar härter zu leben, denn vieles war rationiert, es gab noch Hunger und in manchen Bereichen nur sporadisch Arbeit. Die Angler stellten ihr Angelgerät selbst her und gingen, wenn die Zeit es erlaubte, fischen. Doch abgesehen von den Problemen dieser Zeit können wir heute darüber staunen, wie diese innovativen Menschen gemeinsam die Entwicklung von Angelgerät und Angeltechnik vorantrieben und damit ihre Ziele verwirklichten. Der Charme alten Geräts ist groß, aber auch das Interesse an alten handwerklichen Fähigkeiten wird heutzutage wieder mehr geschätzt. Noch vor 40 Jahren wurde altes Angelgerät einfach weggeschmissen, glücklicherweise gab es aber auch kluge Köpfe, die als Sammler so weitsichtig waren, dieses Erbe vor der Mülltonne zu bewahren.
Historisches Angelgerät ist unheimlich gesucht und es gibt eine wachsende Anzahl von Enthusiasten, die diese Nachfrage am Leben erhalten. Und selbst Angler, die altes Angelgerät noch benutzen, schwelgen wieder in Erinnerungen der alten Zeit, indem sie sich auf alte Werte besinnen. Ich merke an der Nachfrage zur Restauration von Ruten, dass dieses Interesse zunimmt. Vor allem ist es die jüngere Generation von Anglern, die altes Tackle faszinierend genug findet, um Bambus einmal eine Chance zu geben oder wenigstens verstehen zu wollen warum dieses ganze Aufhebens darum gemacht wird.

CC:
Paul, herzlichen Dank für Deinen tollen Beitrag! Es hat uns viel Freude bereitet so viele interessante Details von Dir zu erfahren. Wir wünschen Dir für die Zukunft alles Gute und natürlich immer „Tight Lines“!

Mehr über Angelgerät von Paul Cook unter www.artofangling.net

Das Interview wurde geführt und übersetzt von Markus