Eines der wirklich reizvollsten Elemente der Hechtangelei stellt in meinen Augen die Vielfalt der Fangmethoden dar. Ganze Heerscharen von knallbunten bis hin zu ultrarealistischen und bizarren Kunstködern in jeglicher Machart, aus Gummi, Holz, Plastik oder Blech warten darauf, getwitcht, gejerkt, geworfen oder geschleppt zu werden. Auch das Fliegenfischen auf Hecht ist möglich und mit großen Streamern zuweilen sehr erfolgreich. Aber da gibt es ja auch noch das traditionelle Naturköderangeln, das jedoch offensichtlich ein wenig in Vergessenheit geraten ist. Es führt ein Schattendasein und hat das Image, eher was für Langweiler oder alte Herren zu sein. Doch ist das wirklich so? Hat nicht das traditionelle Fischen vielleicht sogar die älteren Rechte?
Wenn die Pose abtaucht!
Die landläufige Meinung ist, dass man mit Kunstködern mehr Fische fängt und variantenreicher fischen kann, als es die tumbe Naturköderangelei erlaubt. Einzig das Zugeständnis, mit Köderfischen die meist größeren Hechte zu fangen, ist manchen Anglern abzuringen. Doch Kunstköderfetischisten sollten mit ihren Vorurteilen aufräumen und erkennen, wie reizvoll und abwechslungsreich das Naturköderangeln sein kann! Viele vermissen bei dieser Art des Angelns den direkten Kontakt beim Biss, den plötzlichen Ruck in der Rute, wenn ein Hecht den Köder attackiert. Die Spannung beim Beobachten einer wandernden oder abtauchenden Pose kann aber mehr als nur ein Ersatz sein. Außerdem gibt es nicht nur den alten Hechtkorken und das dicke Grundblei, sondern zahlreiche moderne Möglichkeiten seinen Köder zu präsentieren.
Stationär und effektiv

Ich will hier ein sehr effektives, stationäres Grundfischen mit einer Posenmontage vorstellen, das sich für stehende und langsam fließende Gewässer eignet. Wie bei allen Angelmethoden, sollte man auch hier auf eine gute und ausgewogen aufeinander abgestimmte Ausrüstung achten und sich auch mit optimalen Detaillösungen befassen. Der Teil, der am weitesten vom Angler entfernt ist, sollte höchstes Augenmerk erhalten: Das Vorfach mit Schnellanhiebsystem. Wer hier pfuscht hat schon verloren. Das Vorfach dient ja immerhin der fängigen Präsentation des Köders und ist somit elementar wichtig. Zwei Drillinge oder auch spezielle Zwillingshaken ermöglichen ein sicheres und schnelles Anschlagen nach dem Hechtbiss. Die sprichwörtliche Zigarettenpause ist nicht vonnöten, wodurch keine Hechte mehr verangelt werden. Als Vorfachmaterial kommt nur Stahl in Betracht, am besten in 49fädiger, brünierter Qualität und einer Tragkraft, die einen kräftigen und sicheren Drill erlaubt. Die Drillinge sollten zwischen Größe 8-4 liegen, wobei 6 ein guter Mittelwert ist. Ich bevorzuge die CS9PK Neville Fickling Drillinge von Partridge und Drillinge von Fox. Diese eher klein anmutenden Haken fassen sehr gut im Hechtmaul und gleiten auch beim Anhieb viel eher aus dem Köderfisch, als die oftmals verwendeten monströsen Krampen in Größe 1 – 1/0. Ein günstiger Nebeneffekt ist, dass der Hecht bei Verwendung kleinerer Haken auch kaum noch verletzt wird und demnach schonender gefischt wird. Wichtig ist natürlich bei so kleinen Haken auf eine gewisse Dickdrähtigkeit zu achten, um ein Aufbiegen unter Belastung zu vermeiden. Für die Herstellung des Hechtsystems eignet sich am besten eine schlichte Verarbeitung mit Klemmhülsen. Mit kurzen Gummiüberschüben kann man die Systeme zusätzlich etwas stabilisieren und unempfindlicher gegen Knicke machen. Ein Grundblei sichert dann die kontrollierte Lage des Köders am Grund. Oberhalb des Vorfachs befindet sich im besten Fall ein zweites, ein sogenanntes „Uptrace“, womit verhindert wird, dass ein Hecht, der den Köder aufgenommen hat, beim Wegschwimmen die Hauptschnur kappt, was gar nicht mal so selten vorkommt und worauf man gut verzichten kann. Nach dem Uptrace folgt die Hauptschnur und dann letztlich der Schwimmer, gerne ein vorgebleites Modell, was die Sache abrundet und vereinfacht. Ich nehme zum Hechtangeln mit Köderfisch immer noch gern die beim Spinnfischen in Vergessenheit geratene Nylonschnur in Stärken ab 0.30 mm. Sie ist günstig, abriebfester als die meisten vergleichbaren Geflochtenen (beim Grundangeln wichtig), reicht für die eher geringen Distanzen aus, ist unauffällig und ein guter Puffer in der heißen Drillphase und der Landung. Die Rute sollte zwischen 3,60 und 3,90 m lang sein und eine Testkurve von 2 ½ - 3 lbs besitzen (Karpfenruten sind hier durchaus geeignet). Die lange Rute erleichtert beim Posenfischen das Aufheben der Schnur und den Anhieb auf Distanz sehr. Eine gute und nicht zu kleine Stationärrolle, gerne auch mit Freilauf, rundet das Ganze ab.
Am Wasser
Diese einfache Art zu fischen ist sowohl vom Ufer als auch vom Boot möglich und ist ebenso einfach wie effektiv. Durch die Pose kann man z.B. auch in krautigen Bereichen besser angeln, da die Schnur ja nicht quer hindurch, sondern darüber hinweg verläuft. Nachdem man die Tiefe am Angelplatz ausgelotet oder mit dem Echolot ermittelt hat, stellt man den Stopper auf der Hauptschnur entsprechend ein. Der vorgebleite Schwimmer bedarf keiner langwierigen Ausbleiung, da er die Montage und den Köder ja nicht zu tragen braucht. Er hebt nur die Schnur und zeigt den Biss an.
Die guten Plätze wie Kanten, Ein – und Ausläufe, Barschberge und Plateaus sind auch beim Naturköderangeln einen Versuch wert. Der tote Köderfisch wird sorgsam befestigt: Der obere Drilling hält ihn und sitzt fest in der Schwanzwurzel, der untere - der Fanghaken- sitzt tiefer in der Flanke des Köders. Ob man nun Süßwasser- oder Meeresfische verwendet, hängt vom persönlichen Geschmack und dem der Hechte ab. Die fängigen Makrelen, Stinte, Sardinen oder Heringe werden durch ihren Geruch weithin vom vermeintlichen reinen Augenjäger Hecht wahrgenommen. Es gibt aber auch Gewässer, wo Rotaugen, Barsche oder gar Brassen einfach besser laufen. Kleinere Köderfische bis ca. 20 cm bietet man am Stück an. Große Exemplare, wie bei Makrelen recht häufig, sind auch halbiert sehr gut und sogar effektiver.

Die Rute wird auf zwei Banksticks oder im Boot abgelegt. Beim Fischen von Land bietet sich noch zusätzlich die Verwendung von elektronischen Bissanzeigern an, weil man gerade bei mehr als einer Rute nicht ständig den Blick auf die Posen haben kann und ja möglichst schnell reagieren will. Die Schnur kann an der geöffneten Rolle in einen Schnurclip eingehängt werden oder man nimmt eben eine Freilaufrolle. Dank der zwei klug angeordneten Drillinge kann man schon beim leichten abwandern der Pose anschlagen. Bei der früheren Angelei mit Lebendködern, die vom Hecht erst in einer ungestümen Attacke erbeutet werden mussten, war eine gewisse Wartephase notwendig, um den Haken sicher setzen zu können. Anders ist es beim ohnehin schon toten Köder. Er wird oft vom Hecht ganz sachte aufgehoben und mitgenommen, ähnlich einer Krokodilmama mit ihren Jungen.


Beim Biss nimmt man langsam durch sanftes Einkurbeln der Schnur Kontakt auf und schlägt dann bei straffer Schnur kräftig an. Bei der Landung stellt man oft fest, dass die kleinen Haken eher vorne im Maulwinkel gefasst haben und der Hecht bedeutend weniger geschädigt wurde, als durch so manchen großen, hakenbewehrten Wobbler oder ähnliches. Eine Handlandung ist auch nicht so riskant. Zum Lösen braucht man eine stabile Zange und für etwas tiefer sitzende Haken eine lange Arterienklemme.
Den Fisch suchen

Tagelang ein und dieselbe Stelle zu befischen muss nicht sein. Es lohnt sich die Hechte zu suchen, bzw. entsprechend den Beißzeiten unterschiedliche Stellen aufzusuchen. Wenn die Wassertemperatur schon niedrig ist und die Hechte träge werden, dann schlägt die Stunde des Naturköders, der dann all seine Vorteile ausspielen kann. Der intensive Geruch und das Aussehen sowie die statische Präsentation kommen den dann eher passiven Räubern gelegen. Wenn man die vorgebleite Pose gegen eine Schleppose eintauscht und die Haken in Maul und Flanke des Köders befestigt, kann man auch sehr gut eine sehr aktive Schleppangelei mit dem Boot durchführen.
Ich bin die meiste Zeit selbst mit Kunstködern unterwegs, weiß aber sehr genau um die beeindruckende und unglaubliche Fängigkeit von toten Köderfischen. Oft konnte ich erleben, dass sie dort fingen, wo mit Kunstködern überhaupt nichts ging!
Geheimwaffe Naturköder
Da nicht nur im Ausland Hechte zur Schonung der Bestände vielfach zurückgesetzt werden, sieht sich der Angler schnell mit der Lernfähigkeit der Räuber konfrontiert, die anfangen, manche Kunstköder zu meiden. Da setzt der Naturköder mit seiner quasi eingebauten Fängigkeit an, denn der Hecht, der ihn verschmäht, müsste verhungern. Er kann gar nicht anders als den Köder zu nehmen. Kunstköder „kann“, Naturköder „muss“ !
Ich denke, die Methode die fängt ist die gute und man sollte anpassungsfähig und flexibel sein. Wer sich jedoch nur auf Kunstköder versteift und den Naturködern keine Chance gibt, der übersieht die schwarzen Tasten auf der Klaviatur des Hechtangelns!
Von Uwe Pinnau